Am Samstag den 29. September 2012 organisierten die NPD, ihre Jugendorganisation sowie die sogenannten „Freien Kräfte" in Stendal einen Aufmarsch. Seitdem vor zweieinhalb Jahren die „Freien Kräfte“ mit einer stark verkürzten Route daran scheiterten ernsthaft von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, versuchten die Neonazis diesmal anlässlich der Situation um die beiden ehemaligen Sexualstraftäter im Stendaler Ortsteil Insel politisch Kapital zu schlagen.sdl2Gegenveranstaltung der Stadt Stendal zum Naziaufmarsch

Es ist nicht das erste Mal, dass Rechtsextremisten versuchen mit simplen Forderungen nach härteren Strafen - oder sogar der Todesstrafe - für Sexualstraftäter an die Empörung und Rachegelüste in Bezug auf dieses emotionsgeladene Thema anzuknüpfen. Im Ortsteil Insel gab es in den vergangenen Monaten bereits mehrere Demonstrationen von Einwohnern, die von Neonazis aus der Region unterstützt wurden.

Die 150 Rechtsextremisten, darunter der als Redner eingesetzte stellvertretende NPD- Bundesvorsitzende Udo Pastörs, mussten aufgrund mehrerer Blockaden eine andere Marschroute nehmen als ursprünglich geplant. „Wenn Nazis, die offen mit den Taten der Terrorzelle NSU sympathisieren, mit dem Slogan 'Wir wollen leben' auf ihren Transparenten werben, ist dies an menschenverachtendem Zynismus nicht mehr zu überbieten“ so Martin Kröber, Koordinator des Juso- Landesarbeitskreis 'gegen Rechtsextremismus'.

Im Vorfeld hatte der Aufmarsch innerhalb der rechten Szene zu Auseinandersetzungen geführt. Dem unter den vermeintlich partei- unabhängigen „Freien Kräfte“ beliebten Christian Worch wurde untersagt bei dieser Veranstaltung aufzutreten. Seit seiner Gründung einer neuen Partei am rechten Rand des politischen Spektrums, versucht die NPD deren Einfluss innerhalb der rechten Szene klein zu halten. Dieser Disput wird mit dafür verantwortlich gemacht, dass anstatt der angekündigten 400 lediglich 150 Neonazis anreisten.

Die Stadt Stendal organisierte in diesem Zusammenhang eine Mahnwache und öffentliche Stadtratssitzung. Neben mehreren hundert Bürgerinnen und Bürgern war auch Vertreter der lokalen sowie der Landespolitik vertreten. Die Abwesenheit des Stendaler Oberbürgermeisters wurde von den meisten Anwesenden kritisch gewertet. Dafür sorgte die Anwesenheit eines anderen Prominenten für Zündstoff. Der Bürgermeister von Insel, Alexander von Bismarck, war ebenfalls präsent um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und Toleranz zu setzen. „In Anbetracht seines Verhaltens in den letzten Monaten im offenherzigen Umgang mit Neonazis im Zusammenhang mit den Protesten im Ort, ist sein Erscheinen lächerlich. Er ist mitverantwortlich für die Eskalation der Situation in Insel“, so Martin Hartmann, Vorsitzender der Jusos Stendal